Interviewfragen mit Schulleiter Hermann Dederichs

Hermann Dederichs, geb. 6.8.1920 in Düsseldorf
Dienstzeit.: 1.4.1966 bis 31.7.1984 am AEG in Kaarst

Meine Geburt und Jugendjahre fielen in die wirtschaftlich und politisch unruhigen Zeiten zwischen den beiden Weltkriegen mit Inflation, wirtschaftlicher Scheinblüte, Schwarzem Freitag nebst Folgen (Bankpleite), Arbeitslosigkeit und politischer Fehlleitung, wovon meine Familie z.T. betroffen war. Anschließend überlebte ich den Kriegsdienst mit teils gefährlichen Einsätzen und einer Verwundung. Einige in dieser Zeit gewonnene Unterrichtserfahrungen bewirkten, dass ich danach den Lehrberuf wählte und diesen ab 1950 an Gymnasien in Düsseldorf, Neuss, Kaarst und in der Schulabteilung des Kultusministeriums ausübte. Meine Dienstzeit in Kaarst begann mit der dienstlichen Abordnung vom Staatlichen Quirinusgymnasium in Neuss an das zu gründende Staatliche Gymnasium in Kaarst, dem die Schulgemeinde nach dem ersten Abitur den Namen Albert-Einstein-Gymnasium gab.

Was fällt Ihnen spontan ein, wenn Sie ans AEG denken?
Mein hohes Alter sagt mir: ,,Sei froh über das, was dir in den Gründerjahren des Albert-Einstein-Gymnasiums in Kaarst gelungen ist, und sehe gelassen über die Schwierigkeiten hinweg, die es natürlich auch gegeben hat".

Warum haben Sie sich seinerzeit als Schulleiter am AEG beworben?
Die Frage betrifft die Bewerbung als Schulleiter an voll ausgebauten Schulen. Ich wurde Schulleiter auf anderem Wege. Meine Aufgabe war es ab dem 23.11.1965, neben meiner unterrichtlichen Tätigkeit als Oberstudienrat am Quirinusgymnasium in Neuss ein staatliches Gymnasium in Kaarst zu gründen. Ein schönes, komplettes Grundschulgebäude an der Halestraße wurde mir für zwei bis drei Jahre von der Gemeinde zur Verfügung gestellt.

Meine vordringlichsten Aufgaben waren:

  • Schülerinnen und Schüler für 2 Klassen durch persönliche Besuche bei allen Rektoren der Grundschulen im Raum Kaarst zwischen den Städten Düsseldorf, Neuss und Krefeld zu gewinnen
  • hauptamtliche Lehrerinnen und Lehrer bei der Schulbehörde anzufordern und in Eigeninitiative Aushilfslehrerinnen und Aushilfslehrer zu engagieren
  • das lnnere des Schulgebäudes einschließlich der Klassenräume einzurichten
  • einen Putzraum in einen Lehrerraum umzufunktionieren
  • eine Schulbuslinie von Kaarst nach Büttgen und Büderich sowie einen öffentlichen Busverkehr zwischen Kaarst und Osterath in die Wege zu leiten.

Erfreut war ich, dass ich bei der Schulbehörde gebrauchte, zurzeit nicht benötigte Schulbänke leihen konnte und so mehr Geld für Lehr- und Lernmittel zur Verfügung hatte.

Am ersten Schultag, dem 20.4.1966, versammelte sich dann die Schulgemeinde mit vielen weiteren Gästen zur ersten Schulfeier des funktionstüchtigen neuen Gymnasiums i.E. (in Entwicklung). Einige Zeit vorher war mir mit der Abordnung nach Kaarst die kommissarische Leitung dieser Schule übertragen worden. Anstelle einer Bewerbung stand hier die Bewährung über mehrere Jahre. Mit 15 Jahren Berufserfahrung in mehreren Gymnasien, in der Verwaltung und bei der Schulgründung traute ich mir zu, den Auftrag zu erfüllen und nahm ihn an, nachdem ich die Zustimmung meiner Frau eingeholt hatte.

Was war für Sie das beeindruckendste Ereignis während Ihrer Zeit als Schulleiter?
Das Schulbauproblem wurde schließlich nach längerem Bemühen gelöst, die reparablen Baumängel beseitigt und die einzelnen Gebäudeteile bis zum Gebrauchsdatum fertiggestellt, für mich ein beeindruckendes Ergebnis.

Endgültig beendet waren die Schulbauarbeiten im Jahr 1980 mit der Fertigstellung des Pädagogischen Zentrums (dem heutigen Albert-Einstein-Forum).

Worin lag für Sie in der Zeit als Schulleiter die größte Herausforderung?
Nach gutem Anlauf des Unterrichtsbetriebs wuchs die Schülerzahl so rasant, dass alsbald auch zusätzlich eingerichtete Klassenräume nicht mehr ausreichten. In diese Zeit fiel der Baubeginn des eigenen Schulgebäudes. Und damit kamen Probleme auf unsere Schule zu, die zu einer großen Herausforderung wurden. Ein Architekturbüro war für den Bau in Planung und Ausführung zuständig. Für die Planung gab es eine Bindung an Vorgaben des Schulbauinstituts der TH Aachen. Ein Freiraum für eine freie Entfaltung bei der Planung unter beratender Beteiligung der Schule blieb da nicht.
Unterdessen trat eine Verzögerung ein, weil der Kellerraum der Schule nachträglich für die Lagerung von Koks vertieft werden musste. Das Gebäude sollte von Ölheizung auf Koksheizung umgestellt werden, in der Absicht, der Kohleindustrie durch stärkeren Koksabsatz zu helfen, aus der Rezession herauszukommen.

Als dann schließlich die Schule genutzt werden konnte, stellte das engagierte Lehrerteam zahlreiche Baumängel fest. Daraufhin trat die Schule in Aktion. Das Lehrerteam listete die Mängel auf und benachrichtigte alle maßgeblichen Stellen. Es kam zu mehreren Eingaben sowie Verhandlungen zwischen versierten Vertretern der Schule (Lehrern, Eltern, darunter Baufachleuten, Juristen und dem Schulleiter) und Vertretern der Behörden und des Landtags sowie Architekten und Baufachleuten, mit dem Ziel, die vorgetragenen Baumängel zu beheben und eine Beschleunigung der noch anstehenden Baumaßnahmen zu erreichen.

Was war Ihnen in Ihrer Dienstzeit besonders wichtig?
Der stete dienstliche Kontakt mit der Schulgemeinde. Dazu gehörten lnfos und Besprechungen, im Bedarfsfall mit Vertretern der Schülermitverwaltung (SMV) und den Eltern sowie regelmäßig einmal pro Woche mit dem Lehrerrat.

Vermissen Sie irgendetwas im Zusammenhang mit Schule in Ihrem Ruhestand?
In früheren Jahren nutzten wir bei Ehemaligentreffen zunächst einen längeren Stehkonvent, um mit möglichst vielen Ehemaligen, aber auch Aktiven nacheinander zu sprechen und von ihnen viel Neues zu erfahren. Nach dem Essen fuhr ich dann mit dem Gefühl nach Hause, die alte Schule wieder gut zu kennen.

Wofür haben Sie jetzt Zeit, wofür es Ihnen während Ihrer aktiven Tätigkeit als Schulleiter an Zeit mangelte?
Zeit für gemütliches Zusammensein mit meiner Frau, in der Zeit, in der sie noch lebte, Besuche bei meinen auswärts wohnenden Kindern mit ihren Familien, gesellschaftliche Kontakte beim Wandern und Sport, etwas Auffrischung des Geistes mit wissenschaftlicher Lektüre sowie die üblichen Arbeiten in Haus und Garten.

Was wünschen Sie dem AEG für die Zukunft?
Dass das Lehren und Lernen im Albert-Einstein-Gymnasium von Mensch zu Mensch in der Schule bestehen bleibt, sowohl zwischen Lehrenden und Lernenden als auch den Schülerinnen und Schülern miteinander, heutzutage natürlich vielfältig unterstützt durch digitale Medien wie Internet, virtuelle Lehrer und computerunterstütztes Lernen.